Ein Mann lässt sich seine Haare schneiden und seinen Bart trimmen. Der Friseur spricht während seiner Arbeit mit dem Kunden über viele Dinge, wie Friseure es so tun. Auch das Thema Gott wird berührt.
„Ich glaube nicht, dass Gott existiert!“, meint der Friseur.
„Warum?“ fragt der Kunde.
„Sie müssen nur auf die Straße gehen. Wenn Gott existierte, gäbe es dann so viele kranke Leute? Würde es so viele Kinder geben, die verlassen wurden? Würde es so viel Leid und Schmerzen geben? Gäbe es einen Gott, würde er alle diese Dinge nicht zulassen!“
Der Kunde antwortet nicht. Schließlich sind die Haare geschnitten. Der Bart ist gestutzt und der Friseur entlohnt.
Auf der Straße begegnet der Kunde einem Mann mit langen, schmutzigen Haaren und ungepflegtem Bart. Er geht zurück und sagt zum Friseur: „Friseure existieren nicht! Es gibt keine Friseure!“
„Wie kommen Sie darauf? Ich habe ich Ihnen doch gerade eben die Haare geschnitten und den Bart getrimmt!“
Der Kunde wiederholt: „Friseure existieren nicht, denn wenn sie existierten, gäbe es nicht so viele Menschen mit schmutzigem, langem, ungepflegtem Haar und ungetrimmtem Bart. Sehen Sie jenen Mann auf der Straße? Gäbe es Sie, würden Sie so etwas nicht zulassen!“
„Ach was! Ich existiere! Nur – die Leute kommen nicht zu mir!“
Der Kunde erwidert: „Eben! Auch Gott existiert. Nur kommen die Menschen nicht zu ihm und suchen ihn nicht. Auch deswegen gibt es so viel Schmerz und Leid in der Welt.“
(Autor unbekannt)
Kurzer Kommentar: Die Geschichte stellt nicht nur den Atheismus in Frage, der sich ja tatsächlich oft dieses Argumentes bedient, Gott „dürfe“ etwas nicht zulassen (nebenbei: Das ist eine sogenannte „Konvenienz-Theologie“, die per se unzulässig ist. Denn wenn Gott Gott ist, dann gehört es zu seinem Wesen als Gott, dass ich, der ich nur Mensch bin, ihm nicht vorschreiben kann, was er „darf“ oder „nicht darf“ …).
Sondern diese Geschichte stellt auch die in Frage, die an Gott „glauben“ in dem Sinne, dass sie seine Existenz akzeptieren. Das nützt nämlich nichts, solange ich mich trotzdem nicht um Gott kümmere, ihn nicht suche, nicht nach ihm frage und nicht seine Hilfe und Nähe erbitte – so wie mir der Friseur gegenüber nichts nützt, solange ich gar nicht hingehe …
11. Januar 2010 at 16:02
Die Geschichte ist sehr gut, um ins Nachdenken zu kommen. Ich finde aber die angebotene Lösung problematisch. Wird Gott da nicht etwas klein gedacht? Gott nur für die da, die ihn suchen? Kümmert er sich nicht ab und zu um die ganze Welt? Ich finde die Vorstellung von einem mitgehenden Gott auch besser als von einem unberührbaren allmächtigen König. Aber das ist mir zu moralisch.
Ich sehe, man kommt nicht nur ins Nachdenken, sondern auch ins Diskutieren.
Hat sich also doch gelohnt…
16. Januar 2010 at 08:04
Ergänzung: Meine „9,5 Thesen“ machen vielleicht etwas deutlicher, warum der Unterschied zwischen Gott und Osterhase für mich mindestens so groß ist wie der zwischen wahrer Liebe und einem Fischbrötchen. Guckst du hier:
25. August 2014 at 08:13
Tolle Geschichte! Braucht man auch nicht zu analysieren vom Standpunkt der systematischen Theologie. Die Bedeutung ist schon klar an sich, auch wenn nicht die ganze metaphysiche Geschichte unserer Existenz.