Im Themenjahr „Reformation und Toleranz“ gibt es hier im Blog immer wieder Zitate zum Thema „Theologie und Toleranz“. Unter http://www.akd-ekbo.de/files/ekbo_workshop_toleranz_dokum_120811.pdf habe ich gute Texte von einem Workshop der Arbeitsgemeinschaft Missionarische Dienste gefunden (also gerade bei denen, die oft als christliche Fundis angesehen werden und die die veröffentlichte Meinung am ehesten derIntoleranz verdächtigt!) .

Hier sind zwei Zitate daraus:

Michael Weinrich zieht am Ende eines interessanten Vortrages das Fazit: „Positive Toleranz ist … kein allgemein bestimmbarer Zustand
und keine durchdeklinierbare Haltung, sondern eine situationssensible Lebensform, die dem christlichen Bekenntnis in seiner Achtsamkeit für den
Nächsten in genuiner Weise entspricht.“

Und zum Thema „Mission und Toleranz“ gibt es dort folgenden Impuls:
1. These:
Nur wenn christliche Existenz missionarisch ist, ist sie auch tolerant.
2. Ausführung:
2.1. Christliche Existenz glaubt, dass Gottes Hinwendung allen Menschen (als seinen Geschöpfen) gilt; deshalb kann ihr kein Nächster egal sein.
2.2. Christliche Existenz ist überzeugt, dass alle Menschen in ihrem Geschöpf-Sein eine Ahnung von Gott haben (Röm. 1). Deshalb erkennt sie an, dass diese sich in den verschiedenen religiösen – und ich vermute: auch nichtreligiösen – Weltanschauungen als subjektive Rezeptionen der Schöpfungsoffenbarung Gottes ausprägt. Sie sucht deshalb diese Ausprägungen mit Entdeckerfreude in den verschiedenen religiösen (und nichtreligiösen) Weltanschauungen auf, tritt mit ihren VertreterInnen in Dialog und entdeckt  dabei respektvoll Gemeinsames und Verschiedenes und benennt es in  achtungsvoller Haltung.
2.3. Christliche Existenz vertraut auf den absoluten Wahrheitsanspruch Gottes in Jesus Christus. Deshalb tritt sie eigenen oder fremden Wahrheitsansprüchen mit Skepsis entgegen.
2.4. In diesem Bewusstsein nimmt sie den Auftrag Jesu (Mt. 28) als Auftrag zur Teilhabe an der missio dei (Hinwendung Gottes zu allen Menschen) an. Deshalb wird sie das, was sie selbst trägt, ohne Scheu, aber in einladender Haltung und um gelingende Kommunikation bemüht bezeugen.
2.5. Christlicher Existenz ist der Nächste niemals egal. Sie freut sich mit dem Nächsten und leidet mit ihm. Sie kämpft für seine Freiheit, seinen eigenen Weg gehen, seine eigene Weltsicht entwickeln und vertreten zu können. Sie kämpft ebenso dafür – wenn sie sich selbst Ernst nimmt –, dass der Nächste in seiner Freiheit auch das kennen lernen kann, was sie selbst trägt. Christliche Existenz, die von der Nächstenliebe geprägt ist, führt so sowohl zur Toleranz wie zur Mission.
(Pfarrer Jens Peter Erichsen)

Ergänzung am 21. Januar: Dieser Text wurde vom laizistisch-atheistischen Blogger „moment mal“ verlinkt – unter der grotesken Überschrift, es handele sich um einen „Schulungstext christlicher Taliban“! Wenn die Verlinkung dazu führt, dass der Text auch in den Kreisen der Atheismus-Fundis wirklich aufmerksam gelesen wird, für die eine solche intolerante Überschrift wohl gedacht ist, dann kann’s einen nur freuen – denn spätestens dann werden sie merken, dass engagierte Christen eben ganz und gar nicht mit Islamisten auf eine Stufe gestellt werden können. Wer nach der Lektüre des obigen Textes trotzdem noch die Gleichung „Evangelikal = Taliban“ aufstellt, weckt nicht nur Zweifel an der eigenen Toleranz, sondern vor allem daran, ob er überhaupt des Lesens kundig, geschweige denn zum Verstehen und Nachdenken fähig ist …